Marianne Piatti-Stricker war eine Grafikerin und Buchillustratorin, die den grössten Teil ihres Lebens in Riehen verbrachte. Nur wenige Werke ihres grafischen Schaffens gelangten an die Öffentlichkeit, ein Grossteil befindet sich in Privatbesitz.
Tochter des Johannes Stricker (Gymnasiallehrer; 1896–1961) und der Hanna Margaretha Louise, geborene Drasdo (1893–1984). Heirat 1946 mit Celestino Piatti (1922–2007). Eine Tochter, zwei Söhne. 1967 Scheidung.
Marianne Elisabeth Stricker kam am 8. Februar 1921 in Muri bei Bern zur Welt. Als sie vier Jahre alt war, zog die Familie nach Riehen an die Glöcklihofstrasse 41 im Gebiet des heutigen Sieglinwegs. Zusammen mit ihrem jüngeren Bruder, dem späteren Fotografen Hansbeat Stricker (1924–2015), wuchs sie in einem kulturaffinen Elternhaus auf. Ihr Vater, Dr. Hans Stricker, war ab 1925 Lehrer für Deutsch, Französisch und Geschichte am Humanistischen Gymnasium in Basel, später auch Prorektor, und von 1941 bis 1957 Rektor der dortigen Mädchenprimar- und Sekundarschule sowie der Schulen von Riehen und Bettingen. Die Mutter, Hanna, geborene Drasdo, stammte aus einer Basler Buchhändlerfamilie.
1931 trennten sich die Eltern; der Vater gründete mit Helene (Leni) Bieder nochmals eine Familie und zog 1933 an die Bettingerstrasse 103 ins Haus seiner Schwiegereltern. Marianne Stricker und ihr Bruder lebten bei ihrer Mutter, bis 1935 weiterhin an der Glöcklihofstrasse 41, dann an der heutigen Bahnhofstrasse und ab 1942 am Grenzacherweg 18.
Marianne Stricker besuchte das Gymnasium in Basel und wechselte dann an die Kunstgewerbeschule (heute: Schule für Gestaltung Basel). Von April bis Oktober 1941 weilte sie studienhalber in München. Um 1942 schloss sie in Basel ihre Ausbildung zur Grafikerin ab.
Bei der Arbeit, im Grafikatelier Fritz Bühler in Basel, lernte sie Celestino Piatti kennen; die beiden heirateten am 17. Juni 1946 in Basel und liessen sich am Hinterwenkenweg 3, am Rand des Wenkenhofs, in Riehen nieder. Nachdem das Paar bereits während der Anstellung einzelne selbstständige Aufträge ausgeführt hatte, eröffnete es 1948 zuoberst an der Mohrhaldenstrasse, in einem kleinen roten Holzhaus am Waldrand (Nr. 185), ein gemeinsames Grafikbüro, das rasch wichtige Kunden gewinnen konnte. 1947 kam ihre Tochter zur Welt.
Neben der Arbeit unternahmen Marianne und Celestino Piatti-Stricker etliche Reisen in den Süden. 1955 bezogen sie ihr neu erstelltes Haus mit Atelier und grossem Garten an der Mohrhaldenstrasse 164. Eingebaut war auch eine Einlegerwohnung für Marianne Piattis Mutter, die fortan mit der Familie wohnte.
1952 wurde der Sohn Michael geboren. Infolge einer Röntgenbestrahlung während der ersten Schwangerschaftsmonate zeigte sich bei ihm eine kognitive Behinderung.
Marianne Piatti organisierte den Haushalt und unterstützte ihren erfolgreichen Mann bei der Arbeit. Ihre eigene grafische Tätigkeit beschränkte sich seit der Geburt des ersten Kindes fast nur noch auf den privaten Bereich. 1961 kam der zweite Sohn Titus zur Welt.
Um 1966 verliess Celestino Piatti die Familie; 1967 erfolgte die Scheidung. In den folgenden Jahren arbeitete Marianne Piatti-Stricker wieder gelegentlich als Grafikerin und Buchillustratorin. Sie schuf etwa 1978 ein Signet für den Riehener Frauenverein zu dessen 100-Jahr-Jubiläum, das Logo für das ‹Fischerhus-Lädeli› oder – gemeinsam mit Urs Degen aus Basel – drei Pins für das Riehener Dorffest 1993. Daneben kümmerte sie sich um Haus, Garten und ihre Enkelkinder, malte und zeichnete viel und unternahm Reisen. In dieser Lebensphase fand sie Halt im Glauben und erschloss sich einen neuen Bekanntenkreis.
Ihr älterer Sohn Michael, der in einer betreuten Einrichtung wohnte, verbrachte bei ihr die Wochenenden. Er starb 2015 infolge eines Unfalls. Der jüngere Sohn, Titus, verlor sein Leben 1994 durch Drogen.
Um ihr achtzigstes Lebensjahr herum begannen sich bei Marianne Piatti Anzeichen einer demenziellen Erkrankung bemerkbar zu machen. Umgeben von unterstützenden Menschen lebte sie weiter in ihrem vertrauten Haus Mohrhaldenstrasse 164, wo sie am 29. Januar 2018 starb. Sie wurde auf dem Gottesacker Riehen bestattet.
Autorin / Autor: Caroline Schachenmann | Zuletzt aktualisiert am 6.11.2025
Zeichnungen in Müller, Ernst: Reichtum, der auch dir gehört. Von der musikalischen Erziehung der Kleinen und Grossen. Kassel, Basel 1951.
Grafische Gestaltung von Kern, Heinrich: ains, zwai, drei, du bisch frei. Rechenfibel für die erste Klasse. Basel 1954 (3. Auflage 1964) (gemeinsam mit Celestino Piatti).
grafische Gestaltung von Gutknecht, Esther et al.: Anneli und Hansli. Ganzheitliche Lesefibel. Basel 1959 (gemeinsam mit Celestino Piatti).
Umschlag von Wirz, Eduard: Der Lällenkönig und andere Basler Geschichten. Basel 1962.
Reisen mit Pinsel, Stift und Feder. Skizzenblätter und Aufzeichnungen. Basel 1962 (gemeinsam mit Celestino Piatti).
Illustrationen in Hauser, Marianne: Tina. Zürich o.J. [1964] (3. Aufl. 1972).
Illustrationen in Hauser, Marianne: Heller Tag. Zürich o.J. [1965].
Zeichnungen in Kätterer, Lisbeth: Balduin. Eine Bärengeschichte. Bern 1974.
Zeichnungen in Kätterer, Lisbeth: Wo wohnt der Osterhase. Frankfurt a.M. et al. 1984.
Gebrauchsgrafik, zum Beispiel Logo für ‹Fischerhuslädeli›, Prospekt ‹Aufruf zum Beitritt› für die Mutterhilfe Basel, Plakate ‹Bébé-Vite› für die Bell AG und ‹Ober. Immer vorteilhaft› für das Modegeschäft Ober in Zürich, Werbung für Holle Flocken, Etiketten für Weinflaschen etc.
Zahlreiche unveröffentlichte Bilder und Zeichnungen, Spiele für Kinder und Grusskarten in Privatbesitz
Lebenslauf in Privatbesitz
Spechtenhauser, Klaus: Orte des kreativen Schaffens. In: Jahrbuch z’Rieche 2022. S. 48–59, hier S. 57–59.
Miozzari, Claudio und Barbara Piatti (Hg.): Celestino Piatti: Alles was ich male hat Augen / Everything I Paint Has Eyes. Basel 2021. S. 25–28, 59–61, 279, 386.