Zwei Grabungskampagnen in Riehen erbrachten in den Jahren 2018 und 2020 reichhaltige Funde und Befunde, die im Bereich der Flur Haselrain Siedlungstätigkeiten vom Beginn der Mittelbronzezeit bis in die späte Spätbronzezeit, also von Mitte des 16. bis in die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts v. Chr., belegen.
2020 konnte die Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt auf dem Areal der ehemaligen Gehörlosen- und Sprachheilschule am Haselrain in Riehen auf 4500 Quadratmetern eine mehrphasige Siedlung der Mittel- und Spätbronzezeit untersuchen, die auf der hochwassersicheren Niederterrasse der Wiese, auf dem Schwemmfächer eines Bachs unterhalb von fruchtbaren Lösshängen, lag.
Die Häuser der ältesten Phase standen im Süden des Areals. Sie waren mehrräumig und mit Schwellbalken fundamentiert. Raster aus diagonalen Balkengräbchen zeugen von Bodenunterzügen. C14-Analysen von Holzkohlen ergaben eine mittelbronzezeitliche Datierung. Um 1300 v. Chr. scheinen sich dann Pfostenbauten mit ihren Stirnseiten entlang enger Gassen zu orientieren.
Die jüngsten, spätbronzezeitlichen Gebäude (11./10. Jahrhundert v. Chr.) waren auf der Siedlungsfläche verstreut und Nord-Süd oder Ost-West ausgerichtet. Einige bestanden aus einem Pfostenkranz und waren durch eine Pfostenreihe unterteilt. Andere besassen einen Hauptraum mit vier Eckpfosten sowie einen vorgelagerten Raum oder eine offene Stirnlaube. Ein nur 7,5 Quadratmeter grosser Pfostenbau diente vermutlich als Speicher. Bei den Gebäuden gab es eingegrabene Vorratsgefässe und Werkgruben.
2018 war bereits auf der Parzelle Haselrain 20–24 eine einst mit Holz ausgekleidete Grube am Siedlungsrand freigelegt worden. Sie war mit Keramik der Zeit um 1300 v. Chr. verfüllt. Die Scherben wiesen Brandspuren auf und waren sorgsam in der Grube deponiert worden. Nur einen Kilometer entfernt, an der Burgstrasse, hatten Arbeiter bereits 1907 zwei Objekte aus derselben Zeit entdeckt: ein Griffplatten-Schwert und eine Lanzenspitze. Beide waren rituell verbogen.
Ebenfalls in Verbindung mit der Siedlung dürften zwei Grabhügel des 13./14. Jahrhundert v. Chr. stehen, die schon 1969 und 1971 zwei Kilometer südöstlich vom Haselrain, im Britzigerwald, ausgegraben wurden. Der eine enthielt Leichenbrand, Keramik, geschmolzene Bronzeklümpchen und die Bronzehülse einer Halskette. Im anderen Hügel fand sich ein beraubtes Körpergrab. Ein Golddraht und eine Bronzenadel zeugen von einer reichen Bestattung. Randlich war der Leichenbrand einer Frau mit geschmolzenem Schmuck und einem Keramikgefäss in einer Art Steinkiste beigesetzt worden.
Die neuen Grabungen haben gezeigt, dass zwischen Wiese und Britzigerwald mit einer vielfältigen Besiedlungsstruktur der Mittel- und frühen Spätbronzezeit zu rechnen ist.
Autorin / Autor: Guido Lassau | Zuletzt aktualisiert am 16.12.2024
Graber, Simon, Corinne Hodel und Susan Steiner: Die bronzezeitliche Fundstelle Riehen-Haselrain. Vorbericht zu den Grabungen 2018/23 und 2020/6. In: Jahresbericht der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt 2020. Basel 2021. S. 119–151. URL: https://doi.org/10.12685/jbab.2020.119-151
Lassau, Guido: Frühe Siedlungsspuren. In: Ders. und Peter-Andrew Schwarz (Hg.): Auf dem langen Weg zur Stadt. 50 000 v. Chr. – 800 n. Chr. Stadt Geschichte Basel. Bd. 1. Basel 2024. S. 36–65, hier S. 58–62.