Elsa Mahler

18821970

Die Slavistin und Archäologin Elsa Mahler wurde 1938 zur ersten ausserordentlichen Professorin der Universität Basel ernannt. Sie lebte mit ihrer Lebensgefährtin Wera Michajlova von 1933 bis 1936 in Riehen, wo sie auch ihre letzten Lebensjahre verbrachte.

Tochter des Josef Mathias Eduard Mahler (Ingenieur, Kaufmann) und der Luise Wilhelmine, geborene Sivers (Sieffers). Ledig.

Kindheit und Studium

Elsa Mahler wurde als Tochter des Schweizers Josef Mathias Eduard Mahler und der Deutschbaltin Luise Sivers am 15. November 1882 (julianischer Kalender) in Moskau geboren. Sie besuchte dort die Schulen und studierte von 1902 bis 1908 an der philologisch-historischen Abteilung der Bestužev-Hochschule für Frauen in St. Petersburg. Anschliessend begann sie ein Studium der klassischen Philologie und der Kunstgeschichte in Berlin und München. 1913 brach sie dieses ab und kehrte nach St. Petersburg zurück.

Während des Ersten Weltkriegs sowie während der Russischen Revolution und des Bürgerkriegs unterrichtete Mahler an verschiedenen russischen Staatsgymnasien Russische und Allgemeine Geschichte. 1919 trat sie eine Assistenzstelle an der Altertumssammlung der Russländischen Akademie für Geschichte der materiellen Kultur (RAIMK) an und schrieb sich 1920 im Rahmen eines Auslandsjahrs für ein Archäologiestudium an der Universität Basel ein. Einen Monat nach ihrer Immatrikulation wollte sie bereits wieder nach Russland zurückzukehren, doch die sowjetischen Behörden verwehrten ihr die Rückreise und sie musste in Basel bleiben.

Erste Professorin der Universität Basel

Elsa Mahler setzte ihr Studium fort und arbeitete nebenher an der Universitätsbibliothek Basel und als Lektorin für Russisch. Im April 1923 schloss sie ihr Studium mit einer Promotion in Archäologie ab. In der Folge verschob sie jedoch ihren Schwerpunkt auf die Slavistik. Vier Jahre später reichte sie ihre Habilitationsschrift über die russische Totenklage ein und habilitierte 1928 als erste Frau an der Universität Basel. Von 1928 bis 1938 war sie Privatdozentin für Russische Sprache und Literatur an der Universität Basel. 1938 ernannte sie der Regierungsrat zur ersten ausserordentlichen Professorin der Universität Basel.

Nach 1931 lebte Mahler mit ihrer ‹Lebensfreundin› Wera Michajlova, geschiedene Bréchet (1889–1955), zusammen, von 1933 bis 1936 in Riehen Im Hirshalm 2.

Während des Zweiten Weltkriegs geriet Mahler unter Verdacht, im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Lehrtätigkeit versteckt kommunistische Propaganda zu betreiben. Hinzu kam, dass sie sich neben ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit für russische Internierte in der Schweiz engagierte und Mitglied der Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion war. Dies veranlasste das Polizeidepartement Basel-Stadt und die Schweizerische Bundesanwaltschaft 1943 dazu, Mahler zu observieren. Die Akten weisen sie als Kritikerin sowohl des Stalinismus wie auch des Nationalsozialismus aus und widerlegen den Verdacht einer kommunistischen Gesinnung.

Mahler und die Forschung

Elsa Mahler lehrte während mehr als vierzig Jahren Russische Sprache, Literatur und Kunst und publizierte zahlreiche Lehr- und Lesebücher zu diesen Themen. Ihr Forschungsschwerpunkt lag im Bereich der Kulturwissenschaft, besonderes Augenmerk galt der russischen Volksliedkultur und Folklore. Mahler wird wegen ihrer Arbeit als Vorsteherin der Russischen Bibliothek und später des Russischen Seminars auch als Begründerin des Slavischen Seminars bezeichnet. Sie emeritierte 1953, hielt aber noch bis zum Antritt ihrer Nachfolgerin Hildegard Schroeder im Jahr 1965 Vorlesungen ab.

Elsa Mahler verbrachte die letzte Zeit ihres Lebens im Alters- und Pflegeheim Humanitas und im Diakonissenspital in Riehen. Sie starb dort am 30. Juni 1970.

Autorin / Autor: Luzia Knobel | Zuletzt aktualisiert am 12.5.2022

Fakten

Elsa
Elsa Jenny Concordia
Mahler
Elsa-Eugenie Mahler
Dr. phil., ao. Prof.
15.11.1882 in Moskau (RU)
30.06.1970 in Riehen
Meienberg (AG)

Werke (Auswahl)

Die megarischen Becher. Dissertation. Basel 1924.

Die russische Totenklage. Ihre rituelle und dichterische Deutung (mit besonderer Berücksichtigung des grossrussischen Nordens). Habilitation. Leipzig 1935.

Michail Nesterow. Ein Maler des gläubigen Russlands. Luzern 1938.

Lehrbuch der Russischen Sprache mit Übungs- und Lesestücken. Zürich 1944.

Altrussische Lieder aus dem Pečoryland. Basel 1951.

Die russischen dörflichen Hochzeitsbräuche. Wiesbaden 1960.

Archive

Staatsarchiv Basel-Stadt

Lektorat für slawische Sprache: Elsa Mahler, 1917–1936: Erziehung CC 18e.

Mahler, Elsa (Professorin für Russische Sprache und Literatur), 1921–1981: UNI-REG 5d 2-1 (1) 209.

Universitätsarchiv Mahler, Elsa 1921–1958: Universitätsarchiv XI 3.3 100.

Universitätsbibliothek Basel

Die Universitätsbibliothek verfügt über den umfassenden Nachlass zu Elsa Mahler. Darin sind sowohl die Überwachungsakten der Bundesanwaltschaft als auch Briefe, Nachrufe, Filmaufnahmen und Fotografien enthalten. Nachlass Elsa Mahler (1882–1970): NL 360.

Digitalisate auf Memobase. URL: https://memobase.ch/it/recordSet/ubb-001 (22.11.2021).

Literatur

Basler Stadtbuch

Spinelli, Claudia: 100 Jahre Frauen an der Universität Basel. In: Basler Stadtbuch 1990. S. 148–151.

Weitere Literatur

Aegerter, Roland: Die schweizerische Wissenschaft und der Osten Europas. Bern 1998. S. 34–40.

Fachbereich Osteuropa der Universität Basel: Broschüre zur Ausstellung über Elsa Mahler. Basel 2011. URL: www.slavistik.philhist.unibas.ch/fileadmin/user_upload/slavistik/Elsa_Mahler/Elsa_Mahler_Ausstellung_UB_2011_Broschu__re.pdf (22.11.2021).

Grob, Thomas et al. (Hg.): Elsa Mahler, 1882–1970, die erste Professorin der Universität Basel und ihre slavistisch-volkskundlichen Sammlungen. Ausstellungskatalog Universitätsbibliothek Basel, 17.09.–24.11.2011. Basel 2011.

Kalmykov, Aleksandr G. und Heinrich Riggenbach: Elsa Mahler. Die Gründerin des Slavischen Seminars der Universität Basel. In: Lüthi, Madeleine Isabelle et al. (Hg.): Schweizer in Sankt-Petersburg: zum 300-jährigen Jubiläum der Stadt Sankt-Petersburg. O. O. 2003. S. 587–596.

Riggenbach, Heinrich: Elsa Mahler. In: Historisches Lexikon der Schweiz. URL: www.hls-dhs-dss.ch/de/articles/032491/2009-10-22/ (22.11.2021)

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