Hans Schmidt baute das Haus Im Schlipf 1925 mithilfe traditioneller Bautechniken. Aufgrund des funktionalen Grundrisses und einer zweckmässigen Baustoffverwendung ist das Haus jedoch auch den Ideen der künstlerischen Avantgarde-Bewegung Neues Bauen verpflichtet.
Das Haus Im Schlipf ist auf halber Höhe des Riehener Schlipfs gelegen. Der Architekt Hans Schmidt (1893–1972) erbaute es zwischen 1924 und 1925 für die Witwe Catherine Sinclair von Dechend-Sandwith. Das Haus war wegweisend für die architekturhistorisch bedeutenden Häuser Colnaghi (1927), Schaeffer (1928) und Huber (1928), die Schmidt später mit seinem Büropartner Paul Artaria (1892–1959) realisieren sollte. Anders als bei diesen drei Projekten, erstellte Schmidt das Haus Im Schlipf in herkömmlicher Bauweise, verwendete also noch kein Stahlskelett. Die Kellermauern sind aus Beton gegossen; die Brüstung, die Waschküche und die Mauer beim Ofen aus Zementstein gemauert und verputzt. Die restliche Hauskonstruktion besteht aus einem Holz-Riegelbau mit einer einfachen Verschalung innen und einer doppelten Verschalung mit horizontalen Brettern aussen.
Den Grundriss entwarf Schmidt funktional: Drei unterschiedlich grosse Baukörper, die über eigene Pultdächer verfügen, sind asymmetrisch um den Ofen angeordnet. Im Westen befinden sich Wohnzimmer und eine zum Garten geöffnete Veranda, im Norden ein Badezimmer und drei Schlafzimmer, im Osten schliesslich Eingang, Küche und Waschküche. Der Ostflügel ist zweigeschossig. Die Treppe in der Küche erschliesst zwei Kammern im ersten Stock, von denen eine den Zugang zum Estrich und einen zusätzlichen Schlafplatz bietet. Die Zimmer des Nordflügels sind zweckmässig an einem langen Gang aufgereiht, der mit Einbauschränken ausgestattet ist. Das mit Einbauregalen bestückte Wohnzimmer ist der grösste Raum des Hauses. Er weist mehr als die doppelte Fläche des grösseren Schlafzimmers auf. Damit kam Schmidt der Forderung des Neuen Bauens nach, die Schlafzimmer aufgrund ihrer Funktion kleiner als das Wohnzimmer zu gestalten.
Schmidt sah das Haus Im Schlipf rückblickend als einen Zwischenschritt auf dem Weg zum Neuen Bauen an. Zwar seien, wie er 1925 in der Fachzeitschrift ‹ABC, Beiträge zum Bauen› schrieb, in dem Haus traditionelle Mittel des Bauhandwerks zum Einsatz gekommen, jedoch habe man dabei die Materialien in ihrem wirklichen Ausdruck belassen, sodass eine steinerne Mauer oder ein hölzernes Gerüst als solche erkennbar seien. Als Vorbild seines Entwurfs hatte Schmidt holländische Bauten vor Augen, die er während eines dortigen Arbeitsaufenthalts eingehend studiert hatte. 2002 stellte der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt das Haus als wichtiges Zeugnis des Neuen Bauens unter Denkmalschutz.
Autorin / Autor: Felix Steininger | Zuletzt aktualisiert am 30.12.2023
Schiess, Robert: Neues Bauen in Riehen. In: Jahrbuch z’Rieche 2005. S. 90–97.
Artaria, Paul: Schweizer Holzhäuser. Basel 1947.
Meyer, Peter: Moderne Schweizer Wohnhäuser. Zürich 1928.
Nagel, Anne und Klaus Spechtenhauser: Riehen. Kanton Basel-Stadt. Hg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Bern 2014.
Schmidt, Hans: Einzelproduktion von Wohnhäusern. In: ABC. Beiträge zum Bauen 5 (1925). S. 2f.
Suter, Ursula: Kritischer Werkkatalog. In: dies. (Hg.): Hans Schmidt. 1893–1972. Architekt in Basel, Moskau, Berlin-Ost. Zürich 1993. S. 109–374.
Thüring, Bruno: 4. Wohnhaus Im Schlipf. In: Heimatschutz Basel und Gemeinde Riehen (Hg.): Baukultur entdecken. Neues Bauen in Riehen. Riehen / Basel 2005.